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Fahrbericht Harley-Davidson Panamerica Special

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Reiseenduro im American Style

Erinnert ihr euch noch an die Präsentation des Porsche Cayenne vor rund 20 Jahren? Diese löste einen Aufschrei unter den Fans der traditionellen Sportwagenmarke aus. Die wunderschönen Formen eines 911ers wurden missbraucht, um einen SUV auf die Räder zu stellen. In vielen Augen war dies ein Verrat an der Porsche Markenkultur.

Eine ähnliche Situation erleben wir nun in der Motorradwelt mit der Harley-Davidson Panamerica. Es gibt bestimmt viele eingeschworene Fans der Marke die sich über die Ankündigung des SUV’s auf zwei Rädern nicht besonders freuten. Und auch wir müssen zugeben, dass wir diese Reiseenduro zwar mit Spannung aber auch mit entsprechender Skepsis erwartet haben.

 
Schliesslich bewegt sich Harley-Davidson mit der Panamerica weit weg vom traditionellen Cruiser-Bereich in richtig hart umkämpftes Terrain. Zahlreiche Motorradhersteller aus Europa und Japan kämpfen seit Jahrzehnten um Marktanteile in diesem Segement, indem sie ihre Bikes immer und immer wieder technisch verbessern.
Besonders die Topmodelle mit 1200 ccm Hubraum und darüber sind mittlerweile so weit entwickelt, dass sie die Messlatte für Quereinsteiger beinahe unerreichbar hoch ansetzen.

Unter diesen Voraussetzungen sind Fragen, die den Sinn und die Erfolgsaussichten einer Reiseenduro im American Style bezweifeln, durchaus berechtigt.

Eine echte Harley-Davidson

Schon das Design einer neuen Reiseenduro stellt einen Motorradhersteller vor eine harte Herausforderung. Denn in einem Punkt sind sich vermutlich fast alle Töfffahrer einig: Reiseenduros sind nicht die schönsten Motorräder.

Doch die Harley-Davidson-Designer haben einen guten Job gemacht. Denn erstens wurde darauf verzichtet, eine weitere Entenschnabel-Interpretation aufs Brett zu zeichnen und zweitens ist die Panamerica, obwohl sie innerhalb der Marke als Exotin abseits dasteht, klar als ein Bike von Harley-Davidson erkennbar.
 

Gelungener erster Wurf

Auch den Harley-Davidson-Ingenieuren ist ihr erster Wurf erstaunlich gut gelungen. Der mächtige V2-Motor mit 1250 ccm Hubraum stemmt 128 Nm Drehmoment auf die Kurbelwelle und begeistert mit einer Spitzenleistung von 112 kW (152 PS). Damit lässt sich das 245kg schwere Bike sportlich bewegen - selbst mit Sozius und Gepäck.

Auch was die technischen Helfer betrifft, ist die Panamerica bestens gerüstet. Drei verschiedene Fahrmodi für die Strasse, sowie zwei Offroad-Modi, werden wie alle anderen Funktionen über das grosse 6,8“ Touchscreen-Display gesteuert. Dieses bietet auch die Möglichkeit, das Bike mit dem Handy zu verbinden und somit verschiedene Funktionen, wie z.B. die dynamische Kartennavigation zu nutzen, welche ebenfalls einwandfrei funktioniert.

Die Special-Ausführung verfügt unter anderem über ein Semi-aktives Fahrwerk, das sich an den gewählten Fahrmodus anpasst. Es lassen sich auch eigene Modis erstellen und abspeichern, was bei der Panamerica aus unserer Sicht durchaus Sinn macht. Denn die Fahrwerkseinstellung „Comfort“ passt perfekt zum Bike und bietet trotzdem genug Ruhe, um den mächtigen V2 im Sport-Modus die Sporen zu geben.

Auf Augenhöhe mit der Konkurrenz?

Heisst das jetzt, dass nachdem die Mitbewerber bis zu 40 Jahre Entwicklung in ihre Bikes gesteckt haben, Harley-Davidson mit nur einem Wurf den Sprung aufs oberste Treppchen geschafft hat? Nein, das wäre auch keinem anderen Hersteller in dieser Situation gelungen.

Obwohl die Panamerica mit 245 kg auf dem Papier nur unwesentlich schwerer ist als vergleichbare Modelle, fühlt sie sich doch noch etwas behäbig an und lässt sich nicht so einfach einlenken und um Kurven dirigieren wie die meisten ihrer Mitbewerberinnen. In allen anderen Bereichen ist sie jedoch durchaus auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Das heisst, Harley-Davidson ist wirklich ein hervorragender Einstieg in die Reissenduro-Klasse geglückt.

 

Was kann die Panamerica besser?

Es gibt zwei Disziplinen, in denen die Panamerica besonders glänzt und Bestnoten verdient hat. Auch wenn wir einen nur unter Vorbehalt nennen können.

Harley-Davidson hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Reiseenduro auch kleiner gewachsenen Leuten zugänglich zu machen. Um das zu ermöglichen, verfügt sie über eine höhenverstellbare Fahrersitzbank und eine innovative Funktion, welche das Semi-aktive Fahrwerk beim Anhalten absenkt. Eine wirklich tolle Idee, hätte man sie zu Ende gedacht. Denn der sehr weit vorne montierte Seitenständer ist für BikerInnen mit kurzen Beinen nur sehr schwer erreichbar und stellt diese vor eine unliebsame Herausforderung.

Aber es gibt einen sehr wichtigen Bereich, in dem Harley-Davidson so richtig die Muskeln spielen lässt. Die Cruiser-Gene der Marke sind fest in der DNA der Panamerica verankert. In Sachen Fahrkomfort macht ihr so schnell niemand etwas vor. Die hervorragende Sitzbank, in Verbindung mit der bequemen Sitzposition und dem verstellbaren Windschutz, machen die Reiseenduro im American Style zu einer echten Langstreckenspezialistin und somit zu einer ernstzunehmenden Alternative für reisebegeisterte Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer.

Weitere Infos über die Harley-Davidson Panamerica findet ihr unter harley-davidson.com.

Retos Fazit:

Als ambitionierter Tourenfahrer habe ich hohe Ansprüche an Reiseenduros. Im Gegensatz zu anderen Motorradklassen fahre diese immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass man auf längeren Touren auch mehrere Tage hintereinander auf dem Motorrad sitzen muss bzw. will. Deshalb ist mir persönlich der Fahrkomfort besonders wichtig. Und genau in diesem Bereich performt die Panamerica hervorragend.

Wenn man sich eine Reiseenduro kaufen möchte, um sie vorwiegend über die Hausstrecke zu jagen und nur hin und wieder eine längere Tour zu machen, ist man vermutlich mit einem Bike aus Europa oder Japan besser beraten. Wer jedoch den Ruf der Strasse unablässig hört und am liebsten nie aus dem Sattel steigen möchte, könnte mit der Panamerica die ideale Begleiterin für viele ausgedehnte Touren finden und sollte auf jeden Fall mal eine Probefahrt wagen.

Manuelas Fazit:

Da ich in der Regel wegen meiner geringen Grösse von Reiseenduro-Tests ausgeschlossen werde, freute ich mich auf die Zeit mit der Panamerica ganz besonders. Endlich konnte ich auch mal auf einer der mächtigen Enduros thronen und durch die Landschaft gleiten.

Das Semi-aktive Fahrwerk der Panamerica Special, das sich beim Anhalten absenkt, hat mir zu einem sicheren Stand verholfen. Ein hervorragendes System, das hoffentlich in ähnlicher Form auch von anderen Herstellern übernommen wird. Die Panamerica Special wäre die perfekte Reissenduro für kleingewachsene Leute, wäre da nicht die Geschichte mit dem Seitenständer.

Wegen der weit nach vorne verlegten Montageposition, konnte ich den Ständer mit meinem linken Fuss kaum erreichen. Bei diesem Akrobatikakt die schwere Maschine in der Balance zu halten, ist keine leichte Aufgabe, bei der ich mich nie so richtig wohl fühlte. Ich hoffe, dass Harley-Davidson diesen Punkt, an dem sonst sehr gut gelungenen Bike, noch verbessert.