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21. August 2024Vierzylinder Crossover-Bikes - eine seltene Gattung
Wenn man die ganze Welt der Sporttouring-Motorräder betrachtet, sind Modelle mit grossen Vierzylindern keine Seltenheit. Beschränkt man jedoch den Blickwinkel auf die hochbeinigen Vertreterinnen der Gattung, die sogenannten Crossover-Bikes, wird die Herde massiv ausgedünnt. Bis vor kurzem wurden Fans dieser speziellen Motorradkategorie, und von denen gibt es einige, ausschliesslich bei BMW und Kawasaki fündig.
Seit Suzuki im vergangenen Jahr die GSX-S1000GX präsentierte, hat sich das geändert. Die japanische Traditionsmarke mischt nun mit ihrem eigenen Crossover-Bike mit, das neben der Standard-Ausführung auch als bekofferte Travel-Variante erhältlich ist.
Ein gelungener Wurf
Design zu beurteilen ist immer schwierig. Aber bei der GSX-S1000GX scheint der Fall klar zu sein. Hier ist den Suzuki-Designern wirklich ein grosser Wurf gelungen. Die Front ist gefällig, von der Seite betrachtet stimmen die Proportionen und das Heck wirkt modern und knackig - genau so muss es sein. Besonders in der Farbe Metallic Triton Blue, die unser Testmotorrad ziert, wirkt das Crossover-Bike sehr sportlich.
Auch die Koffer fügen sich perfekt in das athletische Design ein und wirken weder aufgesetzt noch störend. Nebenbei bemerkt, lassen sie sich mit dem Zündschlüssel verschliessen - kein zwingend notwendiges aber ein praktisches Feature.
Überraschend sportlich
Auf der breiten und bequemen Sitzbank Platz genommen, freut man sich zunächst über die hervorragende Verarbeitungsqualität des Motorrads und aller verbauten sichtbaren Teile. Vom Tank über die Bedienelemente bis hin zur Gabelbrücke und dem verstellbaren Windschild wirkt alles sehr hochwertig. Auch das moderne TFT-Display ist gestochen scharf und unabhängig von der Sonneneinstrahlung perfekt ablesbar.
Überraschend sportlich ist die Sitzposition. Der Oberkörper bleibt zwar aufrecht und wird nur durch den breiten Lenker in eine etwas aktivere Fahrhaltung gezwungen. Der Kniewinkel ist jedoch für diese Motorradklasse deutlich enger als erwartet. Das ist bei sportlicher Fahrweise aufgrund der hohen Schräglagenfreiheit natürlich von Vorteil, fordert aber bei längeren Touren häufigere Zwischenstopps.
Das volle Elektronikpaket
Fans elektronischer Fahrhilfen können wir beruhigen. Die GSX-S1000GX verfügt über ein 6-Achs-IMU und alle technischen Helferlein wie Kurven-ABS und schräglagenabhängige Traktionskontrolle. Diese lassen sich ebenso wie das Ansprechverhalten des Motors in verschiedenen Fahrmodi individuell programmieren.
Wer sich möglichst wenig mit den elektronischen Einstellungen des Motorrads beschäftigen will, wird mit der Suzuki ebenfalls glücklich. Der seidenweich ansprechende Vierzylinder lässt sich so gut dosieren, dass man die Fahrmodi getrost ignorieren kann. Einfach alles auf die sportlichste Einstellung stellen und gut ist. Im Testbetrieb hatten wir nicht einmal bei Nässe das Bedürfnis, den Modus zu wechseln. Zwei Gänge hochschalten und schon ist man im „Regenmodus“.
Das elektronische Fahrwerk wird dagegen eher von der breiten Masse regelmässig genutzt werden. Auch wenn die Federelemente relativ komfortabel abgestimmt sind, ist der Unterschied zwischen den drei möglichen Optionen (soft, medium, hard) deutlich spürbar. Darüber hinaus ist die automatische Anpassung der Federvorspannung an den Beladungszustand ein Komfortmerkmal, das sicher alle zu schätzen wissen, die regelmässig mit Sozia und/oder Gepäck unterwegs sind.
Höchste Präzision
Im Fahrbetrieb fällt vor allem die extreme Präzision auf, mit der sich die Suzuki GSX-S1000GX einlenken und durch die Kurven dirigieren lässt. Das Motorrad fühlt sich so hochwertig an, wie es aussieht und vermittelt das Gefühl, stets Herr der Lage zu sein. Ein Eindruck, der täuscht? Nein, definitiv nicht. Das Crossover-Bike lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Kurskorrekturen mitten in der Kurve, hartes Anbremsen oder Beschleunigen in Schräglage - alles kein Problem. Die Suzuki bleibt immer in der Spur und macht dadurch enorm viel Spass - egal ob auf der schnellen Runde oder auf der gemütlichen Tour allein oder zu zweit.
Hauptverantwortlich dafür ist neben dem hervorragenden Fahrwerk und den guten Bremsen natürlich der kernig klingende 1000er-Vierzylinder aus der GSX-R 1000 stammt. Der legendäre Motor leistet 152 PS und wuchtet 106 Nm auf die Kurbelwelle. Leistung ist also mehr als genug vorhanden. Auch wenn man das Potenzial des Motors auf der Landstrasse nicht ausschöpfen kann.
Das maximal anstehende Drehmoment gibt Suzuki bei 9.250 U/min an. In der Praxis schiebt der Reihenvierer schon bei 5000 Umdrehungen kräftig an, und ab 7000 beginnt das wahre Feuerwerk. Leider sind wir dann im ersten Gang schon bei 80 km/h angelangt und bewegen uns, zumindest auf Schweizer Landstrassen, auf den illegalen Bereich zu.
Aber auch wenn wir im Alltag nicht das volle Potenzial der Suzuki GSX-S1000GX ausnutzen können, bietet sie immer genügend Leistung und sorgt auch im Landstrassenbetrieb für jede Menge Fahrspass. Ausserdem sind mit ihr, dank dem guten Windschutz, Ausfahrten über die nördliche Landesgrenze kein Problem, wo sie ohne schlechtes Gewissen etwas weiter ausgedreht werden kann.
Retos Fazit:
Die Suzuki GSX-S1000GX ist ein Modell, das sicherlich viele Fans finden wird. Sporttourer oder Crossover-Bikes mit 1000er-Vierzylinder sind einfach ein Garant für Fahrspass. Besonders gut gefällt mir, dass Suzuki ihre Interpretation nicht weichgespült und ihr einen sportlichen Charakter verliehen hat. Auffallend angenehm ist auch der Quickshifter, der definitiv zu den besten gehört, die ich bisher gefahren bin und auch seinen Teil zum hochwertigen, schon edel anmutenden Fahrgefühl beiträgt, das die Suzuki vermittelt.
Einziger Wermutstropfen und Kritikpunkt ist und bleibt die lange Übersetzung der unteren Gänge. Ein Tourenmotorrad muss nicht unbedingt im ersten Gang auf 125 km/h beschleunigen. Wären die ersten drei Gänge etwas kürzer übersetzt, hätte Suzuki ein nahezu perfektes Motorrad auf die Räder gestellt. Aber auch so gehört die GSX-S1000GX zu den besten Crossover-Bikes am Markt, das sich auf Augenhöhe mit ihren Mitbewerberinnen bewegt und auf jeden Fall eine Probefahrt wert ist.
Lukas’ Fazit:
Mit der GX-Variante der GSX-S 1000-Palette ist Suzuki aus meiner Sicht das bislang harmonischste und am breitesten aufgestellte Modell gelungen. Ihre Stärken als echter Crossover liegen ganz klar auf ihrer Vielseitigkeit: Sie kann alleine oder mit Sozius auf schlechtem wie gutem Asphalt, touristisch oder sportlich bewegt werden. Das bestens funktionierende elektronische Fahrwerk hat hier einen riesigen Anteil daran. Aber auch der elastische Vierzylinder mit fleischiger Mitte und kaum Vibrationen macht eine hervorragende Figur. Wer wie ich nicht so gerne hochtourig fährt, empfindet eventuell die Übersetzung einen Ticken zu lang. Die legendäre druckvolle Mitte dieses Vierzylinders ist zwar noch da, hat aber etwas unter den verschärften Abgasnormen gelitten. Weiters stellt die GX ein eigenständiges Design bei top Verarbeitung zur Schau und offeriert viel Komfort für 2 Personen. Die Abstimmung der Bremsen empfinde ich als etwas zahnlos, hier würden andere Beläge wohl helfen. Unterm Strich bleibt aber die Erkenntnis, dass man für diesen attraktiven Preis verdammt viel Motorrad erhält, auch in der Travel-Variante.