parallax background

Yamaha Tracer9 GT+ – intelligente Sporttourerin

Ein kleiner Traum wird wahr – Privatkonzert für Unfallopfer vom Love Ride
17. Juli 2023
Yamaha XSR700 «Roadrunner» 2020 by hostettler moto ag Sursee
2. August 2023
Ein kleiner Traum wird wahr – Privatkonzert für Unfallopfer vom Love Ride
17. Juli 2023
Yamaha XSR700 «Roadrunner» 2020 by hostettler moto ag Sursee
2. August 2023

Wie viel Elektronik braucht man?

Das neue Topmodell der Yamaha Sporttouring-Serie, die Tracer9 GT+, hat so ziemlich alles an Bord, was es derzeit an elektronischer Unterstützung für Motorräder gibt. Eine Eigenschaft, die polarisiert. Seit Ende der 80er Jahre die ersten ABS-Systeme als Zubehör angeboten wurden, gehen die Meinungen über elektronische Helfer am Motorrad weit auseinander und werden immer wieder heftig diskutiert.

Auf der einen Seite steht die eher klassisch orientierte Fraktion, die vehement das pure Motorradfahren predigt und jegliche Elektronik am Bike verteufelt, auf der anderen Seite die Technikbegeisterten, die Motorräder ohne entsprechende Fahrhilfen als Witwenmacher abstempeln, die eigentlich gar keine Strassenzulassung mehr erhalten sollten.

 
Das ist zwar etwas plakativ dargestellt, aber die hitzigen Debatten auf Treffen oder in Online-Foren spielen sich meist zwischen diesen beiden ziemlich festgefahrenen Fraktionen ab. Unser Fahrbericht richtet sich daher an die Mehrheit dazwischen, zu der wir uns auch zählen und die das Thema etwas neutraler betrachtet.

Fährt sich die Tracer9 GT+ anders?

Fans des sportlichen Tourenbikes können wir gleich zu Beginn beruhigen. Eigentlich bleibt alles beim Alten. Das Fahrerlebnis wird durch das umfangreiche Elektronikpaket der Tracer9 GT+ nicht beeinflusst.

Wer die Tracer-Familie kennt und auf der Yamaha Tracer9 GT+ Platz nimmt, fühlt sich sofort heimisch. Die angenehm aufrechte Sitzposition und der moderate Kniewinkel machen sofort klar, dass die Japanerin auch auf langen Strecken nicht ermüdet. Zur ausgeprägten Langstreckentauglichkeit trägt auch der exzellente Wind- und Wetterschutz bei, den die breite Frontverkleidung und die grosszügig dimensionierte, mechanisch verstellbare Tourenscheibe bieten. FahrerInnen über 1,80 Meter Grösse leiden etwas unter den Turbulenzen, die sich ab 100 km/h relativ lautstark bemerkbar machen. Abhilfe schafft der als Zubehör erhältliche Spoiler, der einfach auf die Originalscheibe aufgesteckt wird und für zusätzlichen Windschutz sorgt.

Dafür freuen sich kleinere FahrerInnen über die moderate Sitzhöhe von 820 mm, die über die Sitzbankverstellung ohne Werkzeug auf 835 mm erhöht werden kann. Dank der tiefen Sitzposition können auch etwas kürzer geratene Personen auf den optional erhältlichen Komfortsitz zurückgreifen, der nicht nur besser gepolstert, sondern auch beheizbar ist - ein Zubehör, das in keiner Konfiguration fehlen darf.

Unverändert bleibt auch der sensationelle CP3-Motor von Yamaha, den wir aus der MT-09 kennen. Der Dreizylinder gehört zu den stärksten seiner Klasse und begeistert immer wieder aufs Neue. 119 PS Spitzenleistung und 93 Nm Drehmoment sind für die Landstrasse mehr als ausreichend und treiben die Tracer9 zügig voran. Auch wenn man zu zweit mit Gepäck unterwegs ist.

So bleibt auch die GT+ eine klassische Tracer, die sowohl auf langen Touren als auch auf der sportlichen Hausrunde den gewohnt adrenalingeladenen Fahrspass bietet.
 

Neues Display und intuitivere Bedienung

Was die Veränderungen die an der Tracer9 GT+ vorgenommen wurden betrifft, gibt es eigentlich nur gute Nachrichten. Die beste gleich vorweg: Yamaha hat sich vom zweigeteilten Display und der Bedienung über den fummeligen Drehknopf am Gasgriff verabschiedet - dafür ein Halleluja.

Das neue 7-Zoll-TFT-Farbdisplay ist übersichtlich und unabhängig von Sonneneinstrahlung und Lichtverhältnissen gut ablesbar. Die Menüsteuerung erfolgt wie gewohnt über einen Joystick am linken Handgriff.
 
Die Einstellung der Griffheizung wurde von neun auf drei Stufen reduziert. Die Intensität der einzelnen Stufen kann zwar nach wie vor im Menü angepasst werden, die Bedienung während der Fahrt wird dadurch aber wesentlich erleichtert.

Erfreulich ist auch, dass der 12V-Anschluss endlich Geschichte ist und Yamaha stattdessen einen USB-Anschluss im Cockpit zur Verfügung stellt. Es wäre schön gewesen, wenn man gleich auf das moderne USB-C gesetzt hätte, anstatt den veralteten USB-A Anschluss zu verbauen, aber das ist ein Detail und Jammern auf hohem Niveau.

Die Tracer9 GT+ lässt sich übrigens auch mit dem Handy koppeln, was unter anderem die Darstellung der Garmin-Navigation auf dem Display ermöglicht. Während der Navigation wird der Tourenzähler auf dem Display ausgeblendet. Ob man das Handy nicht lieber als zusätzlichen Bildschirm für die Navigationsanzeige nutzt, als es in der Jackentasche zu lassen, ist wohl Geschmackssache und muss jeder für sich selbst entscheiden.

Adaptive Geschwindigkeitsregelung

Ein Feature, das erst seit kurzem Einzug in die Zweiradwelt hält und bisher nur sehr teuren Reiseenduros vorbehalten war, ist der adaptive Tempomat. Ganz ehrlich? Unsere erste Reaktion war, wie vermutlich bei vielen anderen Bikerinnen und Bikern auch, „das braucht doch kein Mensch“.

Auf unserer Tour durch den Schwarzwald wurden wir jedoch eines Besseren belehrt. Es ist schon eine feine Sache, wenn man den Tempomat einfach auf 120 stellen und es sich auf der rechten Autobahnspur gemütlich machen kann. Der Abstand zum Vorausfahrenden lässt sich ganz einfach mit dem linken Zeigefinger in fünf Stufen einstellen.

Während unserer Autobahnfahrt hat der Abstandstempomat immer einwandfrei funktioniert. Auch wenn der vorausfahrende Verkehr mal bremst, reagiert die Tracer9 GT+ sofort, aber nie überraschend oder gar extrem.

Auch Überholmanöver laufen mit eingeschaltetem Tempomat sauber und unaufgeregt ab. Sobald die Spur gewechselt wird und der Weg frei ist, beschleunigt der Tempomat zügig, aber nicht sportlich auf die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit. Das System wirkt durchweg sehr ausgereift und zuverlässig.

Ebenfalls radargesteuert ist das neue Unified Brake System von Yamaha. Es unterstützt bei Bedarf den Bremsvorgang und verteilt die Bremskraft sinnvoll auf beide Räder. Da es sich um ein System handelt, das im Notfall eingreift, konnten wir es nicht testen. Dazu fehlt uns schlicht einfach die Infrastruktur und die entsprechende Ausbildung.
 
 

Fahrmodi, Semi-aktives Fahrwerk und Quickshifter

Die Yamaha Tracer9 GT+ bietet vier verschiedene Fahrmodi (Sport, Street, Rain, Custom), von denen einer frei konfigurierbar ist. Die Fahrmodi regeln nicht nur Traktionskontrolle, Slide und Lift Control, sondern auch die Dämpfung des Fahrwerks. So kann das Bike jederzeit dem Fahrstil und dem Untergrund angepasst werden.

Das Fahrwerk ist zwar nicht in einem sehr breiten Bereich einstellbar, aber die Unterschiede zwischen Sport- und Street-Modus sind schon deutlich spürbar. Vor allem beim Anbremsen von engen Kurven taucht die Gabel im Sportmodus deutlich weniger ein und hält die Tracer spurstabiler.

Abschliessend wollen wir natürlich auch den neuen Quickshifter (3. Generation) erwähnen, der zuverlässig seinen Dienst verrichtet und die Gänge sauber und schnell einlegt.

Ist das wirklich nötig?

Die Yamaha Tracer9 GT+ bietet vier verschiedene Fahrmodi, Traktionskontrolle, Slide und Lift Control, ein semiaktives, elektronisch einstellbares Fahrwerk, eine adaptive Geschwindigkeitsregelung und ein radargestütztes Unified Brake System. Brauche ich das alles? Nein. Macht es Sinn? Eigentlich ja. Die elektronischen Fahrhilfen sind mittlerweile Standard und in den meisten modernen Motorrädern verbaut. Auch das elektronische Fahrwerk ist ein nützliches Feature, wenn man regelmässig auf langen Touren mit unterschiedlichen Asphaltqualitäten unterwegs ist und der adaptive Tempomat trägt wesentlich zum Langstreckenkomfort bei. Das Unfied Brake System können wir aus den bereits genannten Gründen nicht beurteilen - aber ein zusätzliches Sicherheitssystem kann nie schaden.

Letztendlich hat der Kunde die Wahl. Wer auf die radargestützten Funktionen verzichten will, greift einfach zur Tracer9 GT und spart 1700 Franken. Leider verzichtet man damit auch auf das neue TFT-Display und die damit verbundene intuitive Bedienung über den Joystick. Wir empfehlen deshalb ganz klar die modernere GT+ Ausführung.

Weitere Infos sowie technische Daten zur neuen Yamaha Tracer9 GT+ findet ihr auf yamaha-motor.ch.