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Vor 30 Jahren wurde die erste Triumph Speed Triple vorgestellt. Ihr Dreizylindermotor ist ihr Markenzeichen und war lange Jahre auch ein Alleinstellungsmerkmal.
In ihrer Klasse ist sie als Charakterdarstellerin, zur lebenden Legende gereift. Wie hat die Triumph Speed Triple 1200 RS Umstellung auf die Euro-5-Plus-Abgasnorm verkraftet?
Schlüsselspielerin
In der Palette von Triumph ist die Speedy seit Beginn ein wichtiges und erfolgreiches Modell. Im Fussball würde man sagen, sie ist eine Stütze der Mannschaft. In Portimao treffe ich auf ihre neuste Ausbaustufe.
Eingekleidet ist die in britischer Zurückhaltung bullig wirkende Speedy in einen sehr gelungenen Sportdress. Von den grimmig blickenden Doppelscheinwerfern über die eng anliegenden Kühlerverkleidungen, den Tank bis hin zum betörend geformten Heck. der Einarmschwinge und den neuen leichteren, Rädern ergibt sich ein sehr gelungenes, schlankes und harmonisches Aussehen. Ihre Muskeln stellt sie nicht plump zur Schau, aber sie schimmern mit einer wunderbaren Selbstverständlichkeit durch. Auch bei näherem Hinschauen werde ich nicht enttäuscht: Die Verarbeitung und Ausstattung ist auf allerhöchstem Level im Serienbau. Weder beim Lack, noch bei den Armaturen, welche übrigens hinterleuchtet sind, den einstellbaren Hebeln noch dem Sattelüberzug ist Kritik angebracht. Praktische Details wie abgewinkelte Ventile und sauber verlegte und versteckte Schläuche und Kabel sind noch das Tüpfelchen auf dem i.
Regenpartie
Die erste Halbzeit findet in nassen Verhältnissen statt, auf dem rutschigen Asphalt der Algarve. Zu Anfang bleibt der „Rain“-Modus Trumpf, welcher dem potenten Dreizylinder ein höchst umgängliches und bestens beherrschbares Gebaren spendiert. Niemals bin ich damit im Ungewissen, was gerade motorseitig unter mir abgeht. Und obwohl vorne die bekannt potenten und bissigen Stylema-Bremszangen von Brembo verbaut sind, so bringen sie mich dank bester Dosierung niemals in die Bredouille. Gerade bei solch schwierigen Verhältnissen kommt dem Gespür für den Grip besondere Bedeutung zu. Hier liefert das semiaktive Fahrwerk der neusten Generation von Öhlins glasklare Rückmeldung von der Fahrbahn und spricht auch wunderbar sensibel an. Logisch fühle ich mich deswegen auch vollkommen sicher und entspannt auf der Triumph. Ganz offensichtlich hat die sportliche Britin auch ihre zarten Seiten.
Bei abtrocknenden Strassen wechsle ich über „Road“ in den „Sport“-Modus. Mit jedem dieser Einstellungen hängt die Speedy gieriger und direkter am Gas, eine wahre Freude! Trotzdem wirkt das niemals giftig, die Gasannahme ist stets butterweich. Und natürlich lässt sie jetzt ihre Muskeln viel freier spielen und flottes Landstrassensurfen macht unbändigen Spass. Einmal mehr schlägt dabei die Stunde des semiaktiven Fahrwerks. Wer wie ich die Öhlins-Komponenten in den Dynamic-Modus versetzt, wird mit den Vorzügen der blitzschnellen Anpassung von Federbasis, Druck- und Zugstufe belohnt, was sich in stabilerem Bremsverhalten, mehr Grip aus Kurven sowie komfortablerer Geradeausfahrt niederschlägt. Dabei können einzelne Parameter wie Anbremsen, Kurvenfahrt, Beschleunigen und viele mehr einzeln justiert werden. Von den Regelungen spüre ich zwar nichts, aber was ich spüre, ist ein überragend arbeitendes Fahrwerk.
Deutlich schnellere Spielzüge
In der zweiten Halbzeit darf die Spielmacherin auf der Rennstrecke zeigen, was sie drauf hat. Zieht sie sich dafür um? Kaum. Die Spiegel und der Nummernhalter bleiben in der Box und die Flyscreen aus dem Zubehör soll für etwas Windschutz sorgen. Und ja, da es am Morgen noch nass ist, trägt sie Regenreifen, das ist alles. Die Britische Sportlerin legt daraufhin ein Dribbling hin, das es in sich hat. Gerade auf nasser Strecke ist die perfekte Funktion der Elektronik elementar. Genau hier weiss die Speedy vollends zu überzeugen, regeln die Fahrhilfen doch dermassen fein, dass ich keine Eingriffe spüre, nur die in gewissen Situationen gekappte Leistung wahrnehme und mich voll auf Linie und Bremspunkte konzentrieren kann. Als es abtrocknet geht es mit der Originalbereifung Pirelli Supercorsa SP V3 ans Eingemachte. Mit bester Gasannahme, massig Druck in allen Lagen, zielgenauem und leichtfüssigem Handling und perfekter Bremse zoomt sie mich um den Kurs, dass ich nur an einer einzigen Stelle den Supersportler vermisse: Ende Zielgerade im 6. Gang mit über 250 km/h, als es mich fast vom Bock windet. Mit dem zusätzlichen Grip werden auch die Schräglagen tiefer, weshalb bei sehr forscher Gangart schon mal die Fussrasten Bodenkontakt kriegen können. Wer sich dieses Bike auch für gelegentliche Trackdays kauft, dürfte wohl mit einstellbaren Racing-Fussrasten liebäugeln und eventuell auch mit einer Rennverschalung oder zumindest einer Halbschale.
Zum Schluss zündet die Triumph aber noch einen absoluten Brüller: Die in vier Stufen justierbare Wheeliekontrolle. Auch Novizen stellen sich so mit links aufs Hinterbein. Einfach im 1. Gang Anlauf nehmen, Gas offen halten und die Speedy spielt Stehaufmännchen. Danach einfach jeweils bei Nenndrehzahl mit dem Schaltautomaten durchzippen und das Wheelie dauert bis deutlich über 100 km/h. Goooaaal!
Lukas' Fazit:
Die Goalgetterin hat abgeliefert – und wie! Trotz Euro-5-Plus-Homologation drückt Triumph Speed Triple 1200 RS mit 183 PS und 128 Nm je deren 3 mehr ab. Angesichts bester Manieren und der perfekten Funktion der Elektronik, Bremsen und Fahrwerk gerät dies jedoch fast in den Hintergrund. Alle diese Komponenten könnten auch in einem CHF 30'000.- Superbike stecken und die Kundschaft wäre begeistert. Stattdessen funktionieren sie ebensogut im CHF 20'490.- Naked Bike, welches von der Feierabendrunde über den Wochenendtrip bis hin zum Trackday alles draufhat. Ob sie weitere Tore schiesst? Wer weiss. Aber eines ist sicher: Beim nächsten Spiel steht sie wieder in der Startelf!