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Die neue Triumph Tiger 1200 – gerührt, nicht geschüttelt!

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Trotzdem wie gemacht für James Bond!

Was bei einem Wodka Martini die Geschmacksknospen zum Tanzen bringt, kann auf längeren Motorradreisen zu einer nervtötenden Erfahrung werden: Schütteln. Oder eben Vibrationen. Dies sei laut Triumph bei ihrer bisherigen Tiger 1200 der Hauptkritikpunkt der Käuferschaft, seit die Zündfolge unregelmässig ausgelegt wurde. Das andernorts Crossplane oder Big Bang genannte Konzept ist weit verbreitet bei den meisten Herstellern und sorgt für eine lebendigere Kraftentfaltung sowie messbar bessere Traktion. Allerdings ist der Massenausgleich eines solchen Reihenmotors ein Albtraum. Da nicht jeder Triumph-Treiber ein so harter Kerl wie Bond ist, beklagten sich offensichtlich ein paar Besitzer über einschlafende Hände. Triumph schenkte der Kundschaft ein offenes Ohr und investierte Gehirnschmalz in die Reduktion der Vibrationen. Diese und weitere Anpassungen finden sich nun in der neuen Tiger 1200 wieder.

 

Wie gehabt kommt die neue 2024-er Tiger 1200 in vier Versionen. Zuerst gilt es, sich zwischen der eher strassenorientierten GT Pro und der offroadtauglichen Rally Pro zu entscheiden. Die GT Pro trägt Gussräder, vorne im 19-Zoll-Format, und Federelemente mit 200 mm Federweg, was eine Sitzhöhe von 850-870 mm (einstellbar) ergibt. Die Rally Pro verfügt über einen zusätzlichen Offroad-Pro-Fahrmodus, 220 mm Federweg und Speichenräder, vorne als 21-Zöller. Somit wächst die Sitzhöhe auf 875-895 mm. Beide Modelle können auch als Explorer-Variante geordert werden. Als GT Explorer oder Rally Explorer fasst der Tank anstatt 20 nun ganze 30 Liter und dank Heckradar hält der Totwinkel-Assistent mit Anzeige bei den Rückspiegeln Einzug. 

Allen vier Modellvarianten gemeinsam ist die luxuriöse Serienausstattung mit unter anderem aktivem Showa-Fahrwerk, Quickshifter, Traktionskontrolle, 5 Basis-Fahrmodi sowie neu auch schwingungsentkoppeltem Lenker mit beheizbaren Griffen.

Alle 2024er Modellvarianten auf einen Blick: Tiger 1200 Rally Pro Explorer, Tiger 1200 GT Pro Explorer, Tiger 1200 Rally Pro und Tiger 1200 GT Pro (v.l.n.r.).

 

Zum Fahrtest geht es in die Heimat von James Bond, nach Schottland. Das Klischee stimmt dieses mal, es ist bedeckt und es regnet bei maximal 14 Grad. Trotzdem stehen alle 4 Varianten der Tiger 1200 wie eine Eins bereit. In weiser Voraussicht hat Triumph bei allen die Sitzheizung eingebaut, was bei den Pro-Versionen aufpreispflichtig ist. Und sowieso ist dieses Wetter und die Schottischen Strassenverhältnisse mit Flickenteppichen und Schlaglöchern ein Heimspiel für die Tiger. Unter den Klängen eines Dudelsackspielers (kein Witz!) beginnen wir unser Tageswerk und steuern die Highlands an.

Die schwerere Kurbelwelle mit angepasstem Massenausgleich macht sich sofort bemerkbar, denn schon das Anfahrdrehmoment ist fett. Was darauf folgt, ist ein Paradebeispiel an Elastizität. Hier arbeitet einer dieser seltenen Motoren, welche man anstandslos unter 2000 Umdrehungen fallen lassen, anschliessend ohne Geruckel die Geschwindigkeit halten und auch wieder beschleunigen kann. Es tut keine Not, vom 6. Gang herunterzuschalten, solange die Geschwindigkeit nicht unter 45 km/h fällt. Es ist eine pure Freude, auf der Drehmomentwelle des dicken Dreizylinders zu surfen! Trotzdem beherrscht der Dreizylinder auch die sportliche Fahrweise mit höheren Drehzahlen. Wenn in tieferen Lagen die Gasannahme manchmal noch etwas hart erscheint, so ist sie in höheren Drehzahlen immer bestens einschätzbar, und zwar in allen Fahrmodi. Wo auch immer die Vorlieben liegen, Wetzen oder schaltfaules Cruisen, die Tiger hat es drauf. Bei beiden Fahrzuständen ist zudem klar: Nerviges Kribbeln ist Fehlanzeige. Weder in den Händen noch am Hintern kommen störende Lebensäusserungen des Motors an. Hier scheint Triumph in der Tat äusserst erfolgreich die störenden Schwingungen ausgemerzt zu haben. Denn auch nach 5 Stunden reiner Fahrzeit und 250 gefahrenen Kilometern verspüre ich nirgends eine Druckstelle oder ein Taubheitsgefühl.

 

 

Selbstverständlich hat auch die bei allen Versionen identische Sitzposition grossen Anteil an meinem Wohlbefinden. In der Neigung leicht angepasst bleibt der Sitz weiterhin super komfortabel, ermöglicht sogar noch mehr Bewegungsfreiheit im Längsbereich. Apropos Länge: Bei den Rally-Modellen sollten die Beine des Fahrers davon nicht zu wenig aufweisen, denn hier thront man recht weit oben. Allerdings hält Triumph hier noch Trümpfe bereit. Einerseits ist ein 2 cm tieferer Fahrersitz erhältlich und andererseits kann serienmässig per Knopfdruck das Heck elektronisch um weitere 2 cm abgesenkt werden, beides bei allen 4 Versionen. Dieses clevere System dürfte manch einem den Schrecken vor den hohen Tigern nehmen. Allerdings ist ein optionaler automatischer Modus dieses Systems momentan nicht verfügbar, welcher das Heck unter beispielsweise 20 km/h absenkt. Diesen Wunsch habe ich nach der Testfahrt schon bei Triumph platziert. Übrigens können Besitzer des Vorgängermodells (ab Modelljahrgang 2022) dieses System per Softwareupdate auch nachrüsten! Bravo. 

 

Im Fahrbetrieb zeigen sich alle vier Tiger sehr unproblematisch und homogen. Aufgrund der unterschiedlichen Radgrössen vorne ist auch die Lenkgeometrie etwas anders. Im reinen Strassenbetrieb fühlen sich die GT-Modelle handlicher und satter an, während die Rally-Versionen einen homogeneres Lenkverhalten an den Tag legen und bei Schlaglöchern etwas unbeeindruckter reagieren. Offroad hatten wir an diesem Tag nicht das Vergnügen.

Am Ende eines langen Tages komme ich sehr entspannt im Hotel an, trotz schottischem Wetter. Der Wind- und Wetterschutz hinter der einfachst verstellbaren Scheibe ist schlicht grandios. Das aktive Fahrwerk und die Fahrhilfen arbeiten hervorragend. Ob soviel Komfort bin ich echt gerührt. Und eben nicht geschüttelt. Das haben sie hingekriegt. James Bond würde in Fahrt auf ihr mit seiner Walther sicher noch besser treffen als bis anhin.

Weitere  Infos zu den 2024er Modelle der Triumph Tiger 1200 sind online auf triumph-motorcycles.ch verfügbar.

 

Lukas' Fazit:

Kein Weg zu lang, kein Wetter zu schlecht – die Triumph Tiger 1200 ist in jeder Version ein Kilometerfresser erster Güte. Den Hauptkritikpunkt der Vibrationen sind sie in Hinckley vehement und erfolgreich angegangen. Man hat nunmehr die Qual der Wahl: Strassenfahrer dürften vermehrt zur GT greifen, welche übrigens noch etwas mehr Schräglagenfreiheit erhielt. Für üble Wege mit Schlaglöchern inklusive Offroad-Tauglichkeit bieten sich die Rallys an. Es ist übrigens weiters kaum erkennbar, dass der Tank der Explorer-Versionen satte 30 Liter bunkert, welche auch nicht zwingend immer voll genutzt werden müssen. Den Totwinkel-Assistenten gibt es halt nur in Verbindung damit. Ihr seht, da gibt es für jeden etwas und für alle ganz viel. Sogar für James Bond.