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Triumph Street Triple 765 – Dr. Jekyll und Mr. Hyde

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Ein Winter voller Vorfreude

Der letzte Winter dauerte ewig. Zum einen, weil es gefühlt von Oktober 22 bis Mai 23 ununterbrochen triefend nass und arschkalt war und zum anderen, weil wir seit November auf die Testfahrten mit den neuen Street Triple 765 Modellen warten.

Denn zum offiziellen Präsentationstermin der Street Triple Modelle R, RS und Moto 2 Edition konnten die Motorräder leider noch nicht gefahren werden. Dennoch lohnte sich die Reise nach Spanien zum Presseevent von Triumph Ende 2022, nicht zuletzt, weil es im Rahmen des letzten MotoGP-Rennens in Valencia stattfand.

 
Ende Juni 2023 war es dann endlich soweit - wir konnten die Street Triple R und die RS abholen und für euch ausgiebig testen. Die auf 765 Stück limitierte Moto 2 Edition (unten ganz links im Bild) steht für Pressetests nicht zur Verfügung, da sie wie zu erwarten innerhalb kürzester Zeit ausverkauft war.

Weil die Street Triple R und die RS weitgehend baugleich sind, bezieht sich der erste Teil des Artikels auf beide Modelle. Die kleinen aber feinen Unterschiede und unsere Kaufempfehlung finden sich im letzten Teil dieses Fahrberichts.
 

Zu Dr. Jekylls Labor? Von 0 bis 6.000 Umdrehungen, bitte.

Wie Dr. Jekyll hat auch die Street Triple 765 zwei Persönlichkeiten. In der unteren Hälfte des Drehzahlbandes bis 6.000 U/min zeigt sich die Britin von ihrer kultivierten Seite.

Der Reihendreizylinder besticht im Drehzahlkeller vor allem durch seine Laufruhe. Besonders schaltfaule Zeitgenossen können im sechsten Gang den Tacho bis auf 30 km/h, sprich Standgas, fallen lassen. Selbst unter diesen widrigen Bedingungen beschleunigt die Street klaglos.

Diese einzigartige Laufkultur macht die Triumph Street Triple zu einem sehr vielseitigen Motorrad. Sie lässt sich hervorragend im Stadtverkehr und im Alltag bewegen und eignet sich auch besonders für MotorradfahrerInnen, die nur gelegentlich fahren oder gerade in die Führerscheinklasse A einsteigen.

Zudem ist man mit der Triple im unteren Drehzahlbereich leise und unauffällig unterwegs, was in der heutigen Zeit ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist. Das heisst aber nicht, dass sie die Triple-typische Geräuschkulisse verschweigt - diese ist bereits beim Starten des Motors deutlich wahrnehmbar.

6000 - 12.000 Umdrehungen - Bahn frei für Mister Hyde!

Ja, die Street Triple kann kultiviert, alltagstauglich und sogar einsteigerfreundlich sein. Doch wenn der Drehzahlmesser die magische 6000er-Marke durchbricht, steht bis 12.000 Touren der unbändige Auftritt von Mister Hyde auf dem Programm. Wer das erste Mal richtig Gas gibt und mit dem übrigens hervorragend funktionierenden Quickshifter die Gänge durchschaltet, wird mit ziemlicher Sicherheit nach kurzer Zeit wieder anhalten, um zu prüfen, ob auf dem Motorrad wirklich 765 steht. Unglaublich, welche brachiale Leistung die Triumph-Ingenieure aus dem für heutige Verhältnisse „kleinen“ Dreizylinder herausgekitzelt haben.

Die neue Street Triple 765 um die Ecken zu jagen, ist eine wahre Freude. Nicht zuletzt wegen der beeindruckenden Soundkulisse, welche die Rennsportnähe des Naked Bikes klanglich intensiv und auch recht lautstark untermauert.

Signifikante Unterschiede zwischen R und RS

In den meisten Fällen sind die Unterschiede zwischen Standard- und Premiummodell schnell abgehandelt. Öhlins vorne und hinten, vielleicht noch eine spezielle Lackierung und das war's.

Triumph ist in diesem Fall mit der Street Triple 765 R und RS einen unkonventionellen, aber interessanten Weg gegangen, weshalb unsere Ausführungen zu den Unterschieden etwas länger ausfallen.

 

Anzeige und Bedienelemente

Als erstes fallen die unterschiedlichen Displays ins Auge. Die R hat ein zweigeteiltes Display, bestehend aus einem LCD und einem kleinen TFT-Display. Die RS hat ein deutlich moderneres 5-Zoll-TFT-Farbdisplay, das eigentlich in allen Bereichen das bessere Instrument ist. Mit einer kleinen Ausnahme: Triumph bietet vier verschiedene Display-Themen an. In keinem davon ist der Drehzahlmesser während der Fahrt gut ablesbar. Die feine Linie, die auf den kleinen Skalen die aktuelle Drehzahl anzeigt, ist wirklich nur mit Adleraugen zu erkennen.

Auch die Bedienelemente am Lenker sind unterschiedlich. Die bei der RS verbauten Knöpfe sehen nicht nur edler aus, sie fühlen sich auch so an. Das heisst aber nicht, dass die der R negativ auffallen. Auch sie sind hochwertig und lassen sich gut bedienen.

Motorleistung

Das maximale Drehmoment ist bei beiden Modellen identisch: 80 Nm bei 9.500 U/min. Die RS hat mit 130 PS jedoch zehn Pferdestärken mehr als die R. Für den Fahrbetrieb auf der Landstrasse ist der Unterschied in der Spitzenleistung jedoch völlig irrelevant. Allerdings wirkt die Motorabstimmung der RS etwas harmonischer. Die hochfrequenten Vibrationen ab 6.000 Umdrehungen erscheinen beim Topmodell nicht ganz so intensiv, zudem empfanden wir den Antrieb insgesamt als etwas spritziger.

Fahrwerk und Geometrie

Beide Modelle sind mit einer voll einstellbaren Showa-Gabel ausgestattet, die ihren Dienst gut verrichtet und sich in einem breiten Bereich an den eigenen Fahrstil anpassen lässt.

Statt des Showa-Federbeins kommt bei der RS jedoch eins von Öhlins zum Einsatz, das etwas sensibler reagiert und die Geometrie des Bikes leicht verändert. Die Sitzhöhe steigt um einen Zentimeter, der Lenkkopf ist etwas steiler und der Radstand ein wenig kürzer. Das Ergebnis ist eine leicht aktivere, vorderradorientiertere Sitzposition.

Die RS fühlt sich vermutlich vor allem deshalb etwas dynamischer an. Ein Einflussfaktor ist aber sicher auch die unterschiedliche Bereifung. Während die R auf dem Tourensportreifen ContiRoadAttack von Continental rollt, bewegt sich die RS mit dem Pirelli Diablo Supercorsa auf deutlich sportlicheren Sohlen.

Bremsen

Beide Modelle verfügen über exzellente Brembo-Bremsanlagen, die in beiden Fällen gut dosierbar sind und hervorragend verzögern. Die edlen Brembo Stylema 4-Kolben-Radial-Monobloc-Bremssättel am Vorderrad der RS bieten einen knackigeren Druckpunkt und benötigen weniger Handkraft.

Diverse Anbauteile

Man sieht es auf den Bildern und es lässt sich nicht wegdiskutieren: Die RS ist das schönere Motorrad. Verstellbare Brems- und Kupplungshebel, die Lenkerendenspiegel, kleinere LED-Blinker, die Soziusabdeckung sowie das kleine Windschild und diverse Frästeile verleihen dem Topmodell die sportlichere Optik. Zudem hat die RS eine etwas wertigere Sitzbank.

 

R oder RS - welches ist das Richtige?

Wir haben jetzt viele Unterschiede zwischen den beiden Modellen aufgezeigt - trotzdem überwiegen die Gemeinsamkeiten. Sowohl die R als auch die RS verfügen über den kraftvollen und sehr sportlichen Reihendreizylinder. Beide lassen sich spielerisch und agil bewegen, auf beiden kann man auf der Landstrasse richtig Spass haben, und sowohl auf der R als auch auf der RS legt man nach ca. zwei Stunden fahrt gerne mal eine Pause ein, da die Sitzbänke für sportliches Fahren ideal geschnitten, aber nicht sonderlich komfortabel sind.

Trotzdem ist die RS das bessere und auch schönere Motorrad und den Aufpreis auf jeden Fall wert. Aber nur weil es etwas Besseres gibt, wird das Gute deshalb nicht schlechter. Wenn die 2500 Franken Aufpreis für die RS gerade locker auf dem Konto liegen, dann raten wir zum Topmodell. Wer aber nicht so viel zur Verfügung hat oder das Geld lieber für die nächste Motorradreise ausgibt, macht mit der Triumph Street Triple R alles richtig.

Unentschlossenen empfehlen wir eine ausgiebige Probefahrt mit beiden Modellen. Informationen zu den Bikes sowie den nächsten Triumph-Händler in der Nähe findet ihr auf triumphmotorcycles.ch.