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Fahrberichte über Topmodelle der Adventurebike-Kategorie zu schreiben, ist immer eine grosse Herausforderung. Die Hersteller, die in diesem Segment in der Oberliga mitspielen, und dazu gehört Triumph definitiv, produzieren ausnahmslos hervorragende und technisch ausgereifte Motorräder. Das macht es für uns schwierig, relevante Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten, die für potenzielle Käufer interessant sein könnten.Die Triumph Tiger 1200 Rally Pro macht es uns jedoch etwas leichter. Denn in einem Punkt ist sie tatsächlich einzigartig: Sie ist das einzige erhältliche Adventurebike mit 21-Zoll-Vorderrad und Kardanantrieb. Grund genug, der grössten britischen Raubkatze auf den Zahn zu fühlen.
Gleich ab ins Gelände
Wie so oft in diesem Sommer hat es wieder geregnet, als wir das Testmotorrad in Empfang nahmen. Das ist in diesem Fall aber nicht unbedingt schlecht. Denn bei uns in der Gegend gibt es einige Schotterwege, die unter der Woche befahrbar sind - und bei schlechtem Wetter trifft man dort auch nicht auf verärgerte Wanderer. Also nutzen wir die Gunst der Stunde und jagen die Triumph Tiger 1200 Rally Pro über den losen Untergrund.Dabei fällt auf, wie spielerisch leicht sie sich über den Schotter bewegt. Trotz ihres verhältnismässig hohen Gewichts von 249 Kilogramm vermittelt sie von Anfang an ein hohes Sicherheitsgefühl und lässt sich auch in technischen Passagen überraschend leicht um enge Kehren dirigieren. Die 220 mm Federweg schlucken auch grössere Schlaglöcher und Bodenwellen problemlos und der Metzeler Karoo Street hat auch bei Nässe eine überraschend gute Traktion und bietet mehr Seitenhalt als erwartet. Dazu trägt natürlich auch die ausgeklügelte Elektronik bei, die im Offroad-Modus etwas Schlupf zulässt, die Traktion aber sauber regelt. Geländespezialisten können den Off-Road-Pro-Modus nutzen, der ABS und Traktionskontrolle komplett abschaltet.
Kaum Abstriche auf Asphalt
Auf der Landstrasse vermag die Triumph ebenfalls zu begeistern. Hauptdarsteller ist dann natürlich der 150 PS starke Reihendreizylinder mit 1160 Kubikzentimetern Hubraum, der in jeder Situation mehr als genug Leistung bietet. Allerdings ist der Triple ein eher rauer Zeitgenosse, der sich mit spürbaren Vibrationen bemerkbar macht. Ausserdem schiebt er nicht ganz so kräftig aus dem Drehzahlkeller, wie die 130 Nm auf dem Papier vermuten lassen. Doch wenn man ihm etwas Drehzahl gönnt, macht er richtig Feuer unter dem Kessel und setzt jede Bewegung am Gasgriff ohne Verzögerung in Vortrieb um. Auch auf Asphalt trägt die Werksbereifung ihren Teil zum Fahrspass bei. Der Metzeler Karroo Street läuft relativ ruhig und vermittelt viel Vertrauen bis in tiefe Schräglagen.Überarbeiteter Kardanantrieb
Der Kardanantrieb wurde komplett überarbeitet und ist nicht nur optisch gut gelungen. Technisch funktioniert er ebenfalls sehr gut, auch wenn er leicht hörbar ist und feine Vibrationen auf Fussrasten und Lenker überträgt. Doch daran gewöhnt man sich schnell, selbst wenn man sonst vermehrt auf Bikes mit Kettenantrieb unterwegs ist.Einen kleinen Kritikpunkt gibt es dennoch. Der Kardan sorgt für Lastwechselreaktionen, die sich vor allem im ersten Gang bemerkbar machen. Die einen stört das, die anderen nicht. Wir empfehlen daher, bei einer Probefahrt auch ein paar enge Spitzkehren in die Teststrecke einzuplanen.
Alles dabei
Natürlich ist eine Triumph Tiger 1200, vor allem in der Rally Pro Version, eine kostspielige Anschaffung. Dafür bietet Triumph aber auch so gut wie alles, was man für die grosse Reise auf und abseits befestigter Wege braucht. Neben dem Gepäcksystem benötigt der stolze Besitzer einer Triumph Tiger 1200 Rally Pro eigentlich nur noch die Tankschutzbügel und vielleicht noch ein paar stabilere Handguards. Das war's dann aber auch schon - ansonsten ist alles, was man sich nur wünschen kann im Lieferumfang enthalten.Die originale Sitzbank gehört mit zum Besten, was es aktuell am Markt gibt und ist für lange Etappen bestens geeignet. Eine grössere Tourenscheibe kann man sich ebenso sparen, denn die ab Werk verbaute ist in einem weiten Bereich nur mit einem Handgriff verstellbar und bietet auch Grossgewachsenen hervorragenden Windschutz.
Über das kristallklare und perfekt ablesbare 7-Zoll-TFT-Display lassen sich die sechs Fahrmodi steuern und das semiaktive Fahrwerk von Showa einstellen. Ausserdem ist sie serienmässig mit dem Konnektivitätssystem My Triumph ausgestattet, das die Bedienung des Telefons, der Musikwiedergabe und des Navigationssystems ermöglicht.
Wie bei der kleinen Schwester sind auch bei der 1200er Tiger Stylema Monoblock-Bremssättel verbaut, was so ziemlich die feinste Ware ist, welche der italienische Qualitätshersteller zu bieten hat.
Zur umfangreichen Ausstattung gehören ausserdem der Triumph Schaltassistent, die schlüssellose Zündung sowie die Griffheizung und auf alles gibt es vier Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung.
Triumph hat mit der Tiger 1200 Rally Pro nicht nur ein hervorragendes Adventurebike gebaut, sondern ein attraktives Angebot geschnürt, das auf jeden Fall einen genaueren Blick und eine Probefahrt wert ist.
Infos zur Triumph Tiger 1200 Rally Pro und allen anderen aktuellen Triumph Modellen gibt es auf triumphmotorcycles.ch.
Retos Fazit:
Die Triumph Tiger 1200 Rally Pro bietet eigentlich alles, was sich Adventure-Bike-Fans wünschen. Sie lässt sich spielerisch leicht über Schotter und Asphalt bewegen und bietet jede Menge Fahrspass. Dazu ist sie sehr komfortabel, bietet hervorragenden Wind- und Wetterschutz und hat so ziemlich alles an Ausstattung und Technikfeatures an Bord, was man sich nur vorstellen kann. Wenn man das alles will und braucht, weil man zum Beispiel viel zu zweit und mit Gepäck unterwegs ist, dann ist die grosse Tiger sicher eine gute Wahl.Die härteste Konkurrenz kommt aus meiner Sicht aus dem eigenen Haus. Für Leute wie mich, die Komfort und ein paar technische Hilfsmittel wie ein grosses, gut ablesbares Display und einen gut funktionierenden Offroad-Modus schätzen, aber fast ausschliesslich alleine und mit leichtem Gepäck unterwegs sind, ist die kleinere Triumph Tiger 900 Rally Pro eine ernstzunehmende Alternative, die man sich auf jeden Fall ansehen sollte.
Die kleine Schwester bietet bis auf die Motorleistung und das semiaktive Fahrwerk alle Vorzüge der 1200er. Bringt aber 25 Kilogramm weniger auf die Waage und lässt zudem über 5000 Franken für Reisen auf dem Konto.
Deshalb meine persönliche Empfehlung: unbedingt beide Probe fahren. Je nach Anspruch und Einsatzgebiet ist weniger in diesem Fall sogar mehr.